APP: An der Quelle der Alzheimer-Krankheit

In der Forschung wird Alzheimer oft als eine Kaskade beschrieben – als Abfolge von vielen verschiedenen Prozessen, an deren Ende die typischen Krankheitssymptome stehen. Wer diese Kaskade bis zu ihrem Anfang zurückverfolgt, landet beim APP: dem Amyloid-Vorläufer-Protein (englisch: „amyloid precursor protein“ – kurz: APP). Viele Jahre oder gar Jahrzehnte, bevor Patientinnen und Patienten die ersten Symptome bemerken, beginnt mit dem eigentlich harmlosen Eiweiß-Stoff APP ein Prozess, an dessen Ende die weitreichende Zerstörung des Gehirns steht.

Das APP-Protein kommt in vielen Geweben des menschlichen Körpers vor; besonders ausgeprägt ist es in den Nervenzellen des Gehirns: Dort durchspannt das APP die Zellhülle (Membran), sodass ein Teil des Proteins in die Zelle hinein- und ein anderes Stück aus dieser herausragt. Welche Rolle genau es für die hochkomplexen neurobiologischen Prozesse spielt, die im Körper ganz natürlich ablaufen, hat die Wissenschaft noch nicht abschließend herausgefunden.

Der Weg von APP zu Amyloid

Wie alle Proteine wird auch APP vom Organismus verarbeitet. Die Zellen, die Eiweiße und alle anderen lebendigen Bestandteile des Körpers sind nie statisch; es laufen fortwährend die unterschiedlichsten Prozesse ab, die Voraussetzung für das Leben sind. Und einer dieser Prozesse ist die Verarbeitung des Amyloid-Vorläufer-Proteins.

Das APP kann man sich wie eine Kette vorstellen, die aus einzelnen Aminosäuren besteht. Es sind genau 753 Stück. Bei der Verarbeitung wird diese Kette in kleinere Stücke geschnitten, und das geschieht hauptsächlich auf zwei Wegen.

Nummer eins ist der sogenannte „nicht-amyloidogene Weg“. Dabei verarbeitet ein Enzym namens ADAM10 (es wirkt wie eine molekulare Schere) das APP. Die kleineren Stücke, die dabei herauskommen, sind ungefährlich.

Nummer zwei ist der „amyloidogene Weg“. Hier verarbeiten nacheinander zwei Enzyme das APP: zuerst die Beta-Sekretase und dann die Gamma-Sekretase. Auf diesem Weg entsteht Beta-Amyloid (kurz Amyloid), das sich verklumpen kann. Diese Klumpen – sogenannte Plaques – gelten als Auslöser der weiteren Krankheitskaskade bei Alzheimer.

Genetisches Risiko

Das Amyloid-Vorläufer-Protein kommt bei allen Menschen vor. Es gibt allerdings Mutationen, die die Wahrscheinlichkeit einer Alzheimer-Erkrankung beeinflussen. Eine seltene Mutation im APP-Gen mit der Bezeichnung A673T (auch „Icelandic Mutation“) reduziert zum Beispiel die Bildung von Amyloid um bis zu 40 Prozent und wird deshalb als Schutzfaktor vor Alzheimer gesehen. Andere Mutationen hingegen bewirken das Gegenteil, indem sie die Produktion von Amyloid anregen.

Das APP-Gen liegt auf dem Chromosom 21 – auf jenem Chromosom, das bei Trisomie-21-Patienten (Down-Syndrom) dreimal vorhanden ist statt wie üblich zweimal. In der Folge werden bei ihnen besonders viele Amyloid-Vorläufer-Proteine gebildet, was zu einer übermäßigen Amyloid-Produktion führt. Genau deshalb entwickeln fast alle Menschen mit diesem Gendefekt auch Alzheimer – die ersten typischen Veränderungen im Gehirn treten bei ihnen meistens schon um das 40. Lebensjahr herum auf, also deutlich früher als bei fast allen anderen Alzheimer-Patienten.

Hoffnung auf eine neue Therapie

Wirkstoffe, die direkt am Amyloid-Vorläufer-Protein ansetzen, sind in der Entwicklung. Hier gibt es zwei Ansätze: Der erste davon setzt darauf, die Synthese des Proteins zu hemmen. Im zweiten Ansatz wird versucht, die Enzyme zu hemmen, die aus dem Amyloid-Vorläufer-Protein die Bausteine für die Alzheimer-Plaques herausschneiden.

Weiter gediehen – und in einigen Ländern seit kurzer Zeit zugelassen – sind Medikamente, die an späterer Stelle in die neurobiologischen Krankheitsprozesse bei Alzheimer-Patienten eingreifen. Sie bewirken durch eine passive Immunisierung, dass die Amyloid-Plaques abgebaut werden. Dadurch wird die gesamte Krankheitskaskade ausgebremst – und die Krankheit zwar nicht gestoppt, jedoch verlangsamt. In Studien hat sich gezeigt, dass Medikamente, die am Amyloid ansetzen, frühzeitig im Krankheitsverlauf eingesetzt werden müssen, damit die Erkrankung nicht schon zu viele Schäden im Gehirn verursacht hat.

Stand: 03.01.2025

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