Gamma-Sekretase: Der letzte Schritt bei der Entstehung von Amyloid

Wie eine mikroskopisch kleine Schere arbeitet die Gamma-Sekretase: In den Zellen schneidet sie lange Proteinstränge in kürzere Abschnitte. Einer dieser Abschnitte ist das Amyloid, das sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten verklumpt und an der Entstehung der Krankheit beteiligt ist. Die Forschung arbeitet derzeit an sogenannten Gamma-Sekretase-Modulatoren, mit denen sich die Arbeit der Schere beeinflussen lässt – also ein Medikament, das die Bildung von gefährlichem Amyloid verhindern könnte.

Die Scherenwirkung der Gamma-Sekretase ist Teil des komplizierten Prozesses, in dem das Amyloid entsteht. Ausgangsstoff ist das sogenannte Amyloid-Vorläuferprotein APP (amyloid precursor protein). Dieses Vorläuferprotein wird in den Nervenzellen des Gehirns verarbeitet – ein natürlicher Prozess: Zuerst wird es durch die Beta-Sekretase (auch BACE1 genannt) in einen handlicheren Abschnitt verarbeitet. In einem zweiten Schritt nimmt sich die Gamma-Sekretase diesen Abschnitt vor und zerschneidet ihn schrittweise wiederum in kleinere Teile. Wie ein Faden, der in Stücke geschnitten wird – nur, dass hier der Faden aus einzelnen Aminosäuren besteht. Jeweils nach einigen Aminosäuren schneidet die Gamma-Sekretase diesen Faden durch. Die zerkleinerten Abschnitte, die so entstehen, bilden das Amyloid. Im Normalfall wird das Amyloid im Rahmen des üblichen Stoffwechsels innerhalb der Zellen abgebaut und entsorgt.

Eine Mutation lässt eine besonders gefährliche Amyloid-Art entstehen

An dieser Stelle kommt aber eine Besonderheit ins Spiel: Üblicherweise entsteht Amyloid-beta 40, das 40 Aminosäuren umfasst. Es gibt aber noch andere Amyloid-Sorten – darunter das Amyloid-beta 42, das besonders leicht zu den gefährlichen Amyloid-Plaques verklumpt. Durch bestimmte Mutationen in der Gamma-Sekretase entsteht besonders viel von diesem Amyloid-beta 42.

Die Forschung spricht in diesem Zusammenhang von einer „verschlechterten Prozessivität“ der Gamma-Sekretase: Die Schere schneidet durch die Mutationen nicht mehr so gut – sie verarbeitet also den Faden schlechter, den sie eigentlich in kleine Stücke schneiden soll. Dadurch entstehen vermehrt diese längeren, gefährlichen Peptide. In jüngsten Studien wurde jetzt nachgewiesen, dass die verschlechterte Prozessivität mit dem Krankheitsbeginn bei Mutationsträgern korreliert. Im Klartext: Je schlechter bei einem Menschen die Gamma-Sekretase funktioniert, desto früher erkrankt er an Alzheimer.

Die Rolle der Präsenilin-Proteine

Die Gamma-Sekretase ist ein Proteinkomplex aus unterschiedlichen Bestandteilen. Eine zentrale Rolle spielt das Präsenilin-Protein, das die Schneiden der Schere bildet. Wenn das dazugehörige Gen mutiert, beschleunigt das die Bildung der Amyloid-Ablagerungen und damit die Entstehung von Alzheimer. Präsenilin-Mutationen sind ein häufiger Auslöser der früh einsetzenden, erblichen Form von Alzheimer. Für die Forschung sind sie damit ein wichtiger Ansatzpunkt.

Wirkstoffe zur Beeinflussung der Gamma-Sekretase sind derzeit in der klinischen Erprobung

Nachdem die Forschung vor mehr als zwei Jahrzehnten die Gamma-Sekretase entdeckt und nach und nach ihre Funktionsweise entschlüsselt hat, gab es zunächst Versuche, mit sogenannten Inhibitoren den Prozess ganz zu unterbinden, damit gar kein Amyloid mehr entsteht. Diese Versuche sind allerdings gescheitert, weil die Gamma-Sekretase auch andere wichtige zelluläre Aufgaben erfüllt. Durch die Inhibitoren würden auch diese Funktionen gehemmt, es käme zu erheblichen Nebenwirkungen.

Derzeit sucht die Medizinforschung deshalb nach Gamma-Sekretase-Modulatoren. Das sind Wirkstoffe, mit denen sich die Prozessivität erhöhen lässt, sodass die Schere wieder besser schneidet und kürzere Peptide entstehen. Die Hoffnung ist, dass sich dadurch der Krankheitsfortschritt bremsen ließe und sogar eine Prävention möglich würde. Die Gamma-Sekretase-Modulatoren müssten idealerweise früh im Krankheitsverlauf gegeben werden, weil sich die Amyloid-Plaques schon viele Jahre bilden, bevor sich die ersten Krankheitssymptome zeigen. Ein solches Medikament befindet sich derzeit in klinischer Erprobung.

Stand: 03.01.2025

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