Bonn, 1. Juli 2020. Mit der heute verabschiedeten Nationalen Demenzstrategie stellt die Bundesregierung die Weichen, um Deutschland mit einem breiten Bündnis von Partnern zukünftig demenzfreundlicher zu machen. Zusammen mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, den Ländern und Kommunen, den Verbänden des Gesundheitswesens und der Pflege, den Sozialversicherungsträgern, der Zivilgesellschaft und anderen Wissenschaftseinrichtungen ist das DZNE Teil dieses Bündnisses.
Aktuell gibt es in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Die damit verbundenen Belastungen sind enorm: Im Jahr 2016 betrugen die gesamtgesellschaftlichen Kosten nach Berechnungen des DZNE rund 73 Mrd. Euro; diese könnten sich in den nächsten 20 Jahren in etwa verdoppeln. Eine Heilung ist bislang nicht möglich, weil Ursachen und Entstehung des extrem komplexen Krankheitsbildes – das neben Morbus Alzheimer noch diverse andere Erkrankungen umfasst – noch immer nicht hinreichend erfasst sind.
„Ich freue mich, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DZNE mit ihrem Wissen und ihrer Expertise dazu beigetragen haben, die Nationale Demenzstrategie zu formulieren“, so Prof. Pierluigi Nicotera, Wissenschaftlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender des DZNE. „Selbstverständlich wollen wir mit unserer Forschung die Umsetzung der strategischen Ziele nach Kräften unterstützen und uns an der Entwicklung von Therapien, Vorsorgestrategien und besseren Versorgungskonzepten beteiligen“, so Nicotera weiter.
Translationale Forschung vom Molekül zur klinischen Kohorte
Der besondere, „translationale Ansatz“ des DZNE ermöglicht, dass Erfolge innerhalb eines einzelnen Forschungsbereiches auch sehr schnell in den anderen Bereichen Anwendung finden. So können zum Beispiel Erkenntnisse über molekulare Mechanismen in Nervenzellen schneller in die Entwicklung neuer pharmazeutischer Wirkstoffe einfließen, für deren Erprobung dann wiederum die klinische Studienplattform des DZNE schon frühzeitig geeignete Probandengruppen zusammenstellen kann. Auch die bestmögliche Rekrutierung, Auswahl und Versorgung von Menschen, deren Erkrankungsverlauf im Rahmen von Studien am DZNE dokumentiert wird, ist Teil der Nationalen Demenzstrategie. Im Focus stehen aber nicht nur diejenigen, die bereits Demenz haben: zur Arbeit des DZNE gehören auch Langzeitstudien mit nicht erkrankten Menschen, mit denen Risikofaktoren und Präventionsmöglichkeiten von Demenz ermittelt werden.
Mehr Lebensqualität für Menschen mit Demenz
Menschen, die schon heute an Demenz erkrankt sind, brauchen eine Versorgung, die ihnen so lang wie möglich ein hohes Maß an Lebensqualität ermöglicht und gleichzeitig das familiäre, pflegerische und medizinische Umfeld in den Blick nimmt und so gut wie möglich entlastet. In der Versorgungsforschung trägt das DZNE im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie evidenzbasierte Konzepte zur individuellen Diagnose, Therapie, Pflegeintervention und Versorgung von Menschen mit Demenz bei und überprüft diese hinsichtlich ihrer Wirksamkeit sowie gesundheitsökonomischen Effizienz. Die Ergebnisse fließen als Handlungsempfehlungen in den Gesetzgebungsprozess ein. Eines von vielen Beispielen für die Entlastung der Angehörigen UND der Kostenträger im Gesundheitssystem bildet das so genannte „Dementia Care Management“ – ein ambulantes Versorgungskonzept das am DZNE-Standort Rostock/Greifswald entwickelt und bereits erfolgreich erprobt wurde. Dementia Care Manager können in Deutschland bislang aber nicht flächendeckend eingesetzt werden, da die gesetzlichen Grundlagen (SGB XI) noch nicht gegeben sind. Das DZNE überprüft zusammen mit weiteren Akteuren wie der KBV und dem GKV-SV, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Grundlagen geschaffen werden können.
Langfristige Planung
Die Nationale Demenzstrategie ist langfristig angelegt. Sie eröffnet somit die Möglichkeit, die Ziele kontinuierlich zu überprüfen, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen sowie neue Schwerpunkte zu setzen. Ziel ist es, nach 2026 Bilanz zu ziehen und die Nationale Demenzstrategie weiter zu entwickeln.
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Über das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE)
Das DZNE erforscht sämtliche Aspekte neurodegenerativer Erkrankungen (wie beispielsweise Alzheimer, Parkinson und ALS), um neue Ansätze der Prävention, Therapie und Patientenversorgung zu entwickeln. Durch seine zehn Standorte bündelt es bundesweite Expertise innerhalb einer Forschungsorganisation. Das DZNE kooperiert eng mit Universitäten, Universitätskliniken und anderen Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene. Das DZNE ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft.