Titelgeschichte im Fachjournal „Neuron“: Neu entdeckte Nervenzellen lösen Bewegungsvorgänge aus und beliefern das Ortsgedächtnis mit Tempodaten
Bonn, 3. Juni 2015. Bonner Forscher haben in den Hirnen von Mäusen neuronale Schaltkreise identifiziert, die für die Fortbewegung und die Navigation im Raum von zentraler Bedeutung sind. Diese Nervenzellen, die in ähnlicher Form auch beim Menschen vermutet werden, geben das Startsignal für eine Fortbewegung und versorgen das Gehirn zudem mit Geschwindigkeitsinformationen. Wissenschaftler des DZNE und der Universität Bonn um Prof. Stefan Remy berichten darüber im Fachjournal „Neuron“. Ihre Untersuchungen liefern neue Erkenntnisse darüber, wie das Ortsgedächtnis arbeitet. Außerdem könnten sie dazu beitragen, Störungen der Hirnfunktion wie sie bei Parkinson auftreten, besser zu verstehen.
In vertrauter Umgebung bewegen wir uns zielgerichtet. Dann folgt unser Gang – etwa vom Büroschreibtisch zum Pausenkaffee – wie selbstverständlich einer vorgezeichneten Route, die in unserem Gedächtnis abgespeichert ist: Durch die Bürotür, links auf den Flur, vorbei an der Fensterreihe. Um uns auf Kurs zu halten, muss unser Gehirn blitzschnell wechselnde Sinneseindrücke verarbeiten. „Das ist eine grundsätzliche Aufgabe, mit der unser Gehirn umgehen muss. Nicht nur auf dem Weg zur Kaffeemaschine, sondern immer dann, wenn wir uns fortbewegen. Also auch auf dem Fahrrad oder im Auto“, erläutert Remy. Mit zunehmendem Tempo steige die Datenrate, betont er: „Je schneller wir uns fortbewegen, umso weniger Zeit bleibt dem Gehirn, Umgebungsreize aufzunehmen und mit unserem Ortsgedächtnis abzugleichen. Unsere Wahrnehmung muss daher Schritt halten mit der Bewegungsgeschwindigkeit, damit wir den richtigen Weg wiederfinden. Sonst landen wir statt an der Kaffeemaschine vor dem Kopiergerät.“