Ein möglicher Biomarker
„Eine Schizophrenie, die mit Belastungen in der Kindheit zusammenhängt, geht mit einer gestörten Genregulation einher. Das ist ein Ergebnis unserer Studie. Wir sehen zudem, dass HDAC1 eine zentrale Rolle dabei spielt“, sagt André Fischer, Sprecher des DZNE in Göttingen und Professor für Epigenetik neurodegenerativer Erkrankungen an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der UMG. Er weist darauf hin, dass die Konzentration von HDAC1 im Blut möglicherweise als Biomarker dienen könnte: „Dies könnte helfen, jene Patienten mit Schizophrenie zu erkennen, die in frühen Jahren verstörende Lebensbedingungen erfahren haben. Bei diesen Personen sind gängige Behandlungen nicht besonders wirksam. Sie zu identifizieren, wäre ein Schritt in Richtung einer personalisierten Therapie, die auf ihre spezielle Situation zugeschnitten ist. Neben diesem diagnostischen Nutzen könnte die Messung der HDAC1-Werte helfen, die Reaktion auf therapeutische Maßnahmen zu überwachen.“
Bei weiteren Untersuchungen testeten Fischer und Kollegen einen pharmakologischen Ansatz: Mäuse, die in der Frühphase ihrer Entwicklung Stress ausgesetzt waren und schizophrenieartige Symptome aufwiesen, wurden mit „Entinostat“ behandelt. Dieses Medikament wird derzeit in klinischen Studien in Hinblick auf eine Anwendung in der Krebstherapie erprobt. Es ist ein sogenannter Inhibitor, der die Aktivität von HDAC1 blockiert. Diese Behandlung normalisierte weitgehend die Genexpression und linderte Krankheitserscheinungen.
Aussichten für die Therapie
„Man muss sehr vorsichtig sein, wenn man Ergebnisse aus Tierversuchen im Zusammenhang menschlicher Krankheiten interpretiert. Dies gilt besonders für solche komplexe Erkrankungen wie der Schizophrenie“, betont Fischer. „Gleichwohl deuten unsere Daten darauf hin, dass Medikamente, die auf die Genaktivität einwirken, die Symptome einer Schizophrenie möglicherweise lindern können. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Epigenetik ein großes Potenzial für neue therapeutische Wege bietet.“
Originalveröffentlichung
HDAC1 links early life stress to schizophrenia-like phenotypes
Sanaz Bahari-Javan et al.
PNAS, DOI: http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1613842114