Münchner Neurowissenschaftlerin erhält rund 1,5 Millionen Euro für Forschung über ALS und FTD

Europäischer Forschungsrat zeichnet Dr. Qihui Zhou mit „Starting Grant“ aus

München, 4. Oktober 2023. Dr. Qihui Zhou, Neurowissenschaftlerin am DZNE-Standort München, erhält einen „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro, um Krankheitsmechanismen der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und der Frontotemporalen Demenz (FTD) zu untersuchen. Mit ihren Studien, die sich auf die Rolle von Immunzellen im Krankheitsprozess und auf die häufigsten genetischen Varianten von ALS und FTD konzentrieren, will Zhou den Weg für bessere Behandlungsmethoden bereiten.

ALS und FTD sind verheerende Erkrankungen, die durch den Verlust von Gehirnzellen gekennzeichnet sind und für die es bislang keine Heilung gibt. ALS geht mit einer fortschreitenden Lähmung der Muskeln einher und führt – meist innerhalb weniger Jahre – zum Tode, FTD löst kognitiven Verfall aus. Trotz dieser Unterschiede haben die Erkrankungen gemeinsame Merkmale, denn sie liegen an den Enden eines Spektrums neurodegenerativer Störungen mit überlappenden Symptomen. Die meisten Patientinnen und Patienten erkranken „sporadisch“ – was bedeutet, dass die Krankheitsursachen unbekannt sind. Gleichwohl sind manche Krankheitsvarianten genetisch bedingt. Hier setzt das Projekt von Dr. Zhou an. „In meiner Forschung werde ich mich auf Mutationen in einem Gen namens C9orf72 konzentrieren. Sie sind die häufigste genetische Ursache sowohl bei ALS als auch bei FTD“, erläutert sie. „Diese Mutationen haben diverse Folgen auf molekularer und zellulärer Skala. Meine Hypothese ist, dass bestimmte Immunzellen bei all dem eine zentrale und bisher ungeklärte Rolle spielen. Deshalb werde ich mich insbesondere mit sogenannten T-Zellen beschäftigen, einer Unterart der weißen Blutkörperchen.“

Entzündung im Rampenlicht

Zhou betritt mit ihrem innovativen Ansatz weitgehend Neuland. Ihr Forschungsprojekt ist auf fünf Jahre angelegt und wird ein Team von sechs wissenschaftlichen Fachleuten einbeziehen. „Der ERC-Grant gibt mir die großartige Gelegenheit, meine Forschungsgruppe zu erweitern und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen“, sagt die Neurowissenschaftlerin. Die Untersuchungen erfolgen an Zellkulturen, am Mausmodell und an Bioproben von Patientinnen und Patienten. Sie stützen sich auf modernste Technologien, um Phänomene zu entschlüsseln, die der Neurodegeneration bei ALS und FTD zugrunde liegen.

„Es gibt Hinweise darauf, dass Entzündungen ein entscheidender Aspekt vieler neurodegenerativer Erkrankungen sind. Insbesondere bei ALS und FTD scheint es so zu sein, dass an solchen Entzündungsprozessen nicht nur das Immunsystem des Gehirns beteiligt ist, das ein eigenes Repertoire an Immunzellen hat, sondern auch die Immunzellen des Blutes. Daher möchte ich herausfinden, wie sich Mutationen im C9orf72-Gen auf das Immunsystem des Gehirns und die peripheren Immunzellen auswirken“, sagt Zhou. „Ich vermute, dass T-Zellen ein Bindeglied zwischen verschiedenen Phänomenen darstellen, die man bei ALS und FTD beobachtet. Diese Immunzellen sehe ich daher als eine Art fehlendes Puzzlestück, das uns helfen wird, die Krankheitsmechanismen besser zu verstehen. Meine Vision ist, dass dies dazu beitragen wird, Biomarker und Ansatzpunkte für Wirkstoffe zu finden und so die Entwicklung neuer Therapien voranzutreiben.“

Über das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE): Das DZNE ist ein von Bund und Ländern gefördertes Forschungsinstitut, das bundesweit zehn Standorte umfasst. Es widmet sich Erkrankungen des Gehirns und Nervensystems wie Alzheimer, Parkinson und ALS, die mit Demenz, Bewegungsstörungen und anderen schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Gesundheit einhergehen. Bis heute gibt es keine Heilung für diese Erkrankungen, die eine enorme Belastung für unzählige Betroffene, ihre Familien und das Gesundheitssystem bedeuten. Ziel des DZNE ist es, neuartige Strategien der Vorsorge, Diagnose, Versorgung und Behandlung zu entwickeln und in die Praxis zu überführen. Dafür kooperiert das DZNE mit Universitäten, Universitätskliniken und anderen Institutionen im In- und Ausland. Das Institut ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und zählt zu den Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung.

Medienkontakt

Dr. Marcus Neitzert
Presse
marcus.neitzert(at)dzne.de
+49 228 43302-267

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