EU-Atlas: Demenz & Migration


EU-Atlas: Demenz & Migration
EU-Atlas: Demenz & Migration
Fünf Hauptherkunftsländer von Menschen mit Migrationshintergrund mit Demenz (MmMD) 65+
Größte Gruppe 2. größte Gruppe 3. größte Gruppe 4. größte Gruppe 5. größte Gruppe
Absolute Zahlen
MmMD pro 100.000 Einwohner  65+
Absolute Zahlen MmMD pro 100.000 Einwohner  65+
Größte Gruppe
2. größte Gruppe
3. größte Gruppe
4. größte Gruppe
5. größte Gruppe
Prävalenz pro 100.000 Einwohner 65+*, berechnet nach Land des Wohnsitzes
hoch
> MmMD
geringer
> - MmMD
erhöht
> - MmMD
gering
MmMD
mittel
> - MmMD
MmMD = Menschen mit Migrationshintergrund mit Demenz
*Bulgarien, Litauen, Malta, Polen in der Bevölkerung 60+
Absolute Anzahl von MmMD  65+
MmMD pro 100.000 Einwohner  65+

Deutschland

Deutschland war früher ein Auswanderungsland, entwickelte sich aber aufgrund wirtschaftlicher Entwicklungen, militärischer Konflikte, der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte, dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft, des Zuwanderungsgesetzes von 2005 und der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa zu einem Einwanderungsland1,2,3. Die Population der Menschen mit Migrationshintergrund (im Ausland geboren, von 5,9 auf 13,1 Millionen) und ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung (von 7,5 auf 15,7 %) hat sich zwischen 1990 und 2019 mehr als verdoppelt4.

In Deutschland leben 1.990.000 Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 65 Jahren und älter. Schätzungsweise ca. 137.300 dieser Menschen weisen eine Form der Demenz auf. Berechnungen zeigen, dass die am stärksten betroffenen Migrantengruppen wahrscheinlich aus Polen (ca. 21.700), der Russischen Föderation (ca. 14.800), der Türkei (ca. 13.900), Italien (ca. 7.400) und Rumänien (ca. 7.300) stammen5.

Die existierenden Dokumente zur Demenzversorgung von einzelnen Bundesländer behandeln das Thema Demenz und Migration in unterschiedlichem Umfang. Der Schwerpunkt der Dokumente liegt auf der Problemerkennung und -beschreibung6-8. Die erste nationale Demenzstrategie Deutschlands aus dem Jahr 2020 bezieht das Thema Migration ebenfalls ein. In Relation zum Umfang des Dokuments (152 Seiten) spielt die Thematik zwar keine zentrale Rolle, sie wird allerdings in 14 Kapiteln bzw. Unterkapiteln in unterschiedlichem Umfang berücksichtigt9. Die "S3-Leitlinie Demenzen" stellt keinen direkten Bezug zur Migration her. An einer Stelle wird das Thema indirekt in Form einer Diskussion über den Zusammenhang zwischen soziokulturellem Hintergrund/Sprachkompetenz und Demenzdiagnose behandelt10. Insgesamt wird der Migration in den deutschen Demenzleitlinien keine zentrale Bedeutung beigemessen.

Laut dem Experteninterview basiert die Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund mit Demenz auf einem hybriden Modell mit segregativen Elementen und integrativen Angeboten. Bestehende Beratungsstrukturen und Informationsangebote fokussieren sich häufig entweder auf die Demenz oder auf den Migrationshintergrund, eine Kombination dieser Merkmale oder andere Aspekte werden selten oder nie berücksichtigt. Spezialisierte Angebote zur ambulanten und stationären Versorgung von Migranten mit Demenz sind in einzelnen Regionen vorhanden. Dennoch sind die bestehenden demenzspezifischen Versorgungsangebote der Expertin nach weder für Menschen mit noch für Menschen ohne Migrationshintergrund geeignet. Maßnahmen zur interkulturellen Versorgung sind regional verbreitet und im Aufbau.

Kultursensible Versorgung und Schulungsangebote zur interkulturellen Versorgung für professionelle Pflegekräfte sind vorhanden, spielen aber eine untergeordnete Rolle und sind nicht verpflichtend. Der Anteil der professionell Pflegekräfte mit Migrationshintergrund liegt in der ambulanten Pflege bei etwas über 10 % und in der stationären Pflege bei gut 14 %. Das derzeitige Bewusstsein für Vielfalt und kulturelle Unterschiede Seitens der Angehörigen der Gesundheitsberufe reicht nicht aus, um den Bedarf an personenzentrierter Versorgung zu decken.

Familiäre und medizinische Gesundheitsdienstleister spielen der Experetin zufolge eine sehr wichtige Rolle bei der Unterstützung pflegender Angehöriger, während Religionsgemeinschaften und Migrantenorganisationen eine mäßige oder geringe Bedeutung beigemessen wird. Mehrsprachige Informationen existieren, werden aber kaum genutzt. Gleichzeitig ist der Bedarf an spezialisierten Diensten, die pflegende Angehörige unterstützen und informieren, sehr hoch.

Referenzen

  1. Oltmer J: Migration. In: Deutschland in Daten: Zeitreihen zur Historischen Statistik. edn. Edited by Rahlf T. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung; 2015.
  2. Migrationsgeschichte in Deutschland [https://www.domid.org/de/migrationsgeschichte-deutschland]
  3. Geschichte der Migration in Deutschland [https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/dossier-migration/252241/deutsche-migrationsgeschichte]
  4. International Organization for Migration: International migrant stock as a percentage of the total population at mid-year 2019: Germany; 2019.
  5. Federal Statistical Office: Mikrozensus 2018; 2019.
  6. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung Familie und Frauen: Bayerische Demenzstrategie. In.: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege; 2013.
  7. Kirchen-Peters S, Hielscher V: Gemeinsam für ein demenzfreundliches Saarland: Erster Demenzplan des Saarlandes. In. Edited by Ministerium für Soziales G, Frauen und Familie des Saarlandes. Saarbrücken; 2015.
  8. Ministerium für Soziales Gesundheit Jugend Familie und Senioren: Demenzplan für Schleswig-Holstein erstellen und umsetzen. In. Kiel; 2015.
  9. Bundesministerium für Familie S, Frauen und Jugend, Bundesministerium für Gesundheit: Nationale Demenzstrategie. In., vol. 1; 2020.
  10. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie Psychosomatik und Nervenheilkunde, Deutsche Gesellschaft für Neurologie: S3-Leitlinie "Demenzen"; 2016.

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