Forschungsschwerpunkte
Wir untersuchen, wie die Alzheimer Krankheit auf molekularer und zellulärer Ebene im Gehirn entsteht. Ziel unserer Forschung ist es, die Ursachen der Krankheit besser zu verstehen und neue diagnostische, therapeutische und präventive Ansätze zu entwickeln. Außerdem versuchen wir, mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten gegen die Alzheimer Krankheit vorherzusagen und damit die Medikamenten-Entwicklung sicherer zu machen.
Für unsere interdisziplinäre Forschung verwenden wir eine Vielzahl moderner Methoden aus der Biochemie, Molekular-, Zell- und Neurobiologie sowie in vitro und in vivo Modelle der Alzheimer Krankheit.
In unserer Forschung konzentrieren wir uns auf proteolytische Prozesse im Gehirn. Wir interessieren uns insbesondere für die molekularen Scheren (Proteasen) ADAM10 (alpha-Sekretase) und BACE1 (beta-Sekretase) sowie für neu identifizierte genetische Risikofaktoren für Alzheimer Krankheit, die die Proteolyse im Gehirn modulieren können. Viele von ihnen werden besonders in Mikroglia, den im Gehirn ansässigen Immunzellen, exprimiert und könnten die von den Mikroglia abhängigen Entzündungsprozesse in einem Alzheimer-Gehirn direkt steuern. Wir untersuchen die physiologische Funktion der Proteasen und ihrer Modulatoren im gesunden Gehirn, erforschen die Mechanismen, durch die sie zur Alzheimer-Krankheit beitragen und entwickeln Möglichkeiten, sie gezielt für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit einzusetzen.
Weiterhin entwickeln wir proteomische Methoden, mit denen die Proteasen und deren Modulatoren, aber auch die Cerebrospinalflüssigkeit des Gehirns sehr viel eingehender als bisher untersucht werden können. Neben einem besseren Verständnis des Gehirns dient dies unter anderem dazu, neue Diagnostika zu entwickeln, die überprüfen, ob ein Patient wie gewünscht auf ein Medikament anspricht.
Im Folgenden stellen wir ausgewählte Beispiele unserer jüngsten und laufenden Froschungsarbeit dar.
ADAM-Protease-vermittelte Mikroglia-Funktionen: Metalloproteasen der ADAM-Familie, insbesondere ADAM10 und ADAM17, spielen eine zentrale Rolle bei der Kontrolle der Membranprotein-Homöostase. Beide Proteasen tragen auch zur Alzheimer-Pathogenese bei, indem sie beispielsweise die Funktion des Oberflächenrezeptors TREM2 in Mikroglia und die Bildung des Amyloid-ß-Peptids in Neuronen steuern. Mehrere kürzlich identifizierte genetische Risikofaktoren für Alzheimer, wie RHBDF2/iRhom2 und MS4A4A, werden in Mikroglia, den im Gehirn ansässigen Immunzellen, exprimiert. Jedoch ist bisher wenig über darüber bekannt, wie sie das Alzheimer-Risiko erhöhen und ob sie als neue Zielstrukturen für die Entwicklung von Alzheimer-Medikamenten geeignet sind. Wir untersuchen die physiologische Funktion dieser neuen Risikogene, zum Beispiel während der Embryonal-Entwicklung, sowie ihre pathophysiologischen Funktionen bei der Alzheimer Krankheit. Als experimentelle Systeme verwenden wir Mäuse, iPSC-abgeleitete menschliche Zellen, primäre Mäusezellen und Zelllinien.
BACE1: Diese Protease ist direkt an der Entstehung der Alzheimer Krankheit beteiligt und wird zur Medikamenten-Entwicklung eingesetzt. Wir haben entdeckt, dass BACE1 zahlreiche Proteine im Nervensystem schneidet und eine zentrale Rolle bei der Funktion des Gehirns besitzt. Hemmstoffe für BACE1 senken Aß im menschlichen Gehirn effizient, sind jedoch mit Nebenwirkungen verbunden. Um die Ursache der Nebenwirkungen zu verstehen, haben wir untersucht, wie sich das Liquorproteom nach einer BACE1-Hemmung in klinischen Studien verändert. Aus diesen Analysen ergab sich, dass eine verringerte Konzentration der BACE1-Hemmer nebenwirkungsfrei, aber effizient sein sollte, was die Grundlage für neue klinische Studien mit BACE1-Hemmern bildet.
Neuroproteomik: Wir nutzen ein Exploris 480, sowie ein timsTOF Pro Massenspektrometer, insbesondere um neuen Proteine zu identifizieren, die zur Alzheimer Krankheit beitragen oder an den proteolytischen Prozessen beteiligt sind. Ein Beispiel für unsere Arbeit ist die Entwicklung der proteomischen hiSPECS-Methode für Sekretomanalysen und zur Identifizierung von Proteasesubstraten aus Primärzellen. Ein weiteres Beispiel ist die proteomische Analyse von Cerebrospinalflüssigkeit, die jetzt mit nur wenigen Mikrolitern aus verschiedenen Organismen möglich ist. Wir nutzen die Proteomik oft am Beginn eines Projekts und charakterisieren anschließend die dabei erhaltenen „Hit“-Proteine funktionell und mechanistisch in vitro und in vivo.
Prof. Lichtenthaler an der TUM
Neuer Masterstudiengang "Biomedical Neuroscience" an der TUM in Kooperation mit dem DZNE