Metabolische Veränderungen bei Neurodegeneration

apl. Prof. Dr. Dr. Francesco Roselli

Forschungsschwerpunkte

Der Hypothalamus ist der Teil des Gehirns, welcher für die Aufrechterhaltung der Homöostase des Körpers verantwortlich ist, also für das Gleichgewicht einer Reihe von biologischen Funktionen und Parametern die für die biochemische Integrität des Körpers (z. B. das Gleichgewicht der Ionen oder den Blutdruck), die Energiebilanz (Regulierung der Nahrungsaufnahme und des Energieverbrauchs) und die Regulierung von Stress und Fortpflanzung erforderlich sind. Funktionsstörungen des Hypothalamus werden erst jetzt als Teil des Manifestationsspektrums mehrerer neurodegenerativer Erkrankungen, einschließlich der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und der Chorea Huntington (HD), angesehen. Der Körpermetabolismus ist frühzeitig im Krankheitsverlauf gestört und beim  Fortschreiten der Krankheit eintretender körperlicher Abbau ist ein wichtiges Merkmal, das mit einem beschleunigten Fortschritt und einem kürzeren Überleben verbunden ist.

Aber warum ist das so? Hypothalamusneuronen, die eine große Vielfalt und unterschiedliche neurochemische Identitäten aufweisen, sind im Gegensatz zu Motoneuronen bei ALS oder striatalen Neuronen bei Huntington keine traditionellen Ziele der Neurodegeneration. Aber ist es wirklich so? Gibt es mehr Veränderungen im Hypothalamus neurodegenerativer Erkrankungen, als wir bereits festgestellt haben? Selbst wenn der Hypothalamus an sich nicht betroffen ist, empfängt er Projektionen von vielen Strukturen des Gehirns und projiziert auf nahezu jede Struktur im Gehirn: Kann die Störung der Verbindungen des Hypothalamus krankheitsbedingt zu einem Energieungleichgewicht und zu Störungen der Nahrungsaufnahme bei neurodegenerativen Erkrankungen führen? Können Interventionen auf hypothalamischer Ebene die Verwundbarkeit und den Verlust anderer neuronaler Populationen beeinflussen?

Wir verwenden mehrere Ansätze, um den Beitrag des Hypothalamus zu neurodegenerativen Erkrankungen und den Einfluss der Neurodegeneration auf die Funktion des Hypothalamus zu untersuchen. Wir verwenden modernste virale Vektoren und entwickeln neue Vektoren, um die wechselseitigen Verbindungen zwischen hypothalamischen Kernen und dem Rest des Gehirns zu untersuchen. Diese Untersuchungen führen wir an ALS-Mausmodellen mit verschiedenen metabolischen Phänotypen durch. Darauf aufbauend  verwenden wir künstliche Intelligenz-Ansätze um jedes Neuron, das auf einen bestimmten hypothalamischen Kern projiziert,  im Mausgehirn zu identifizieren und zu lokalisieren, sodass Unterschiede in den Projektionen über die Zeit abgebildet werden können.

Außerdem verwenden wir auch chemogenetische und multiplexierte chemogenetische Ansätze, um ausgewählte neuronale Subpopulationen zu aktivieren oder zu deaktivieren. Dadurch können wir deren Einfluss auf die gesamten metabolischen Phänotypen in Mausmodellen von ALS überprüfen. Die Mausmodelle haben jeweils Mutationen in einem von mehreren krankheitsrelevanten Genen tragen (FUS, TDP-43, SOD1 und andere). Wir wollen herausfinden welche neuronale Subpopulation reaktiviert werden muss, um die Funktionsstörung des Energiehaushalts auszugleichen, und herausfinden ob sich dieser Ansatz positiv auf das Fortschreiten der Krankheit auswirkt.

Unabhängig davon verwenden wir Antikörper-Arrays um, im Hypothalamus von ALS-Mausmodellen vor und nach Ausbruch der Krankheit auftretende, neurochemische Veränderungen zu charakterisieren. Dieser Ansatz hat bereits mehrere neue Peptidmediatoren hervorgebracht, die an der Energiehomöostase bei Krankheiten beteiligt sind. Im Rahmen unserer translationalen Bemühungen analysieren wir biologische Proben (Blut und Liquor) von Patienten mit ALS, um sicherzustellen, dass die in den Mausmodellen identifizierten Neuropeptide auch beim Menschen verändert sind und daher als neue Biomarker für hypothalamische Dysfunktion und den Krankheitsverlauf dienen können.

Schließlich beteiligen wir uns an den Bemühungen, Stoffwechselmanipulationen als therapeutischen Ansatz für die Neurodegeneration zu nutzen: In klinischen Studien werden energiereiche Nahrungsergänzungsmittel getestet, um deren Auswirkungen auf das Überleben, den Krankheitsverlauf und neurochemische Störungen zu bestimmen.

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