Forschungsschwerpunkte
Multimorbidität und Polypharmazie erhöhen das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Viele Arzneimittel beeinflussen auch kognitive Prozesse. Im Rahmen der pharmakoepidemiologischen Auswertungen der Arbeitsgruppe werden daher Effekte von unterschiedlichen Arzneimitteltherapien auf Aspekte wie kognitive Leistungsfähigkeit, Stürze und Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen untersucht. Die zurzeit bei Demenz eingesetzten Arzneistoffe können keine dauerhafte Verbesserung der Symptome oder Heilung bewirken. Daher ist es wichtig, modifizierbare Risikofaktoren und Interventionen zu detektieren, die den Krankheitsverlauf beeinflussen können. Somit ist auch ein sogenanntes drug repositioning möglich. Ziel ist es, die Arzneimitteltherapie im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit besser beurteilen zu können und besondere Risikokonstellationen beim Einsatz unterschiedlicher Behandlungssettings zu erkennen. Damit trägt die Pharmakoepidemiologie zur Arzneimitteltherapiesicherheit bei. Dieser Ansatz kann gleichzeitig als Grundlage für zukünftige gesundheitspolitische Entscheidungen dienen.
Für die Auswertungen verwenden wir unterschiedliche Datenquellen, die sowohl Primär- als auch Sekundärdaten umfassen. Zu den Primärdaten gehören longitudinale Kohortenstudien. Diese zeichnen sich durch eine große Datentiefe aus. Eine detaillierte Dokumentation von soziodemographischen Parametern, Kognition, Komorbiditäten, Medikation, Laborwerten, Bildgebungsdaten und genetischen Daten erlaubt umfangreiche pharmakoepidemiologische Analysen. Einflussfaktoren für Kognitionsverlust und Demenz können identifiziert und Möglichkeiten für eine individualisierte Therapie aufgezeigt werden. Eine weitere Datenquelle sind Sekundärdaten, sogenannte Routinedaten, von Krankenkassen. Diese Daten enthalten Variablen wie Medikation, Diagnosen und Inanspruchnahme von ambulanten und stationären Leistungen, wodurch pharmakoepidemiologische Analysen populationsbasiert mit einem sehr großen Stichprobenumfang möglich sind. Die Einbeziehung von Daten aus der angewandten klinischen Forschung sowie von Routinedaten erlaubt es, das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneistoffen sowie die Wirksamkeit des Arzneimittelgebrauchs detailliert zu untersuchen.
Aktuelle Forschungsprojekte
Real4Reg – Unlocking Real World Data with AI
Ziel des Real4Reg Projektes ist die Verbesserung von regulatorischen Entscheidungen und der Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA). Dazu sollen im Rahmen des Projektes Methoden der künstlichen Intelligenz für die Analyse von Real-World-Data (RWD) entwickelt und optimiert sowie deren Implementierung erprobt werden. Im Projekt werden relevante Anwendungsfälle aus der Regulierungspraxis und dem gesamten Produktlebenszyklus betrachtet. Aus den Ergebnissen soll ein Konzept für Anpassung und Erweiterung von Leitlinien sowie Trainingsmaterialien entwickelt werden. Real4Reg wird von der Europäischen Union gefördert und hat eine Laufzeit von Januar 2023 bis Dezember 2026. Nähere Informationen zu Stand und Umfang des Projektes sowie den beteiligten europäischen Partnern finden sich auf der Real4Reg Website.