EU-Atlas: Demenz und Migration
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Allgemeine Einführung
Für Menschen mit Migrationshintergrund, die von Demenz betroffen sind, kann sich der Zugang zu medizinischen Informationen, ärztlicher Betreuung und Versorgungsangeboten aufgrund von Sprachbarrieren und kulturellen Unterschieden zur einheimischen Bevölkerung als schwierig erweisen: Denn kultursensible medizinische und pflegerische Betreuung sowie mehrsprachige Informationsmaterialien sind bislang nicht Standard – weder in Deutschland noch in vielen anderen Teilen Europas. Allerdings ist der Umgang mit dem Thema „Demenz und Migration“ von Land zu Land höchst unterschiedlich. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DZNE haben im Rahmen eines von der Robert Bosch Stiftung geförderten Forschungsprojektes die Situation in 35 europäischen Ländern untersucht. Als Ergebnis ist der „EU-Atlas: Demenz & Migration“ entstanden, der die Sachlage mit umfangreichem Daten- und Kartenmaterial aufschlüsselt – und dabei länderspezifische Erfahrungen, Herausforderungen und auch Good-Practice-Beispiele präsentiert.
In Europa leben gegenwärtig 86,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund (MmM). Davon sind 16,2 % 65 Jahre oder älter (circa 14 Millionen)1 und befinden sich in einer Altersgruppe die ein erhöhtes Risiko haben, um an einer Demenz zu Erkranken. Wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass MmM ein erhöhtes Demenz-Risiko haben2,3. Eine Analyse aus dem Jahr 2019 schätzt die Zahl der MmM mit Demenz in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelszone (EFTA) auf etwa 475.0004. Unsere Erhebung für den EU-Atlas fällt etwas höher aus, daraus ergibt sich eine Schätzung der MmM mit Demenz von ca. 531.400.
Die gesundheitlichen Folgen einer Demenz-Erkrankung sind bei MmM oftmals schlimmer als bei Menschen aus der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Ursächlich ist unter anderem, dass das Gesundheitssystem häufig nicht für die Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe ausgestattet ist und nicht über Versorgungsleistungen verfügt, die für ihre Bedürfnisse geeignet sind. Gleichzeitig besteht auf der Seite der MmM meist ein Mangel an Wissen über Demenz und das Gesundheitssystem mit seinen Versorgungsleistungen5. Diese und weitere Probleme, sowie der erwartete Anstieg der Anzahl von MmM mit Demenz in den kommenden Jahren, stellen eine Herausforderung unbekannten Ausmaßes für die Gesundheitssysteme in Europa dar.
Kooperationspartner
Um sich dieser Herausforderung zu stellen und den betroffenen Menschen die bestmögliche Unterstützung und Aufklärung zukommen zu lassen, benötigen Gesundheitssysteme, medizinisches Fachpersonal, sowie Politikerinnen und Politiker und Akteurinnen und Akteure mehr Informationen über diese vulnerable Bevölkerungsgruppe. Es müssen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie viele MmM mit Demenz es gibt, wie sie derzeit in die Gesundheitssysteme eingebunden sind und wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Solche Erkenntnisse können nicht nur Menschen und Organisationen leiten, die täglich mit Menschen arbeiten, sondern sie können auch - und das ist ebenso wichtig - bei der strategischen Entwicklung von Gesundheitssystemen und deren Versorgungsleistungen auf politischer Ebene in Gesetzen, Richtlinien, Strategien und Aktionsplänen von Bedeutung sein. Der „EU-Atlas: Demenz und Migration“ soll vor allem zu letzterem beitragen.
Informationen hinsichtlich der Anzahl von MmM mit Demenz in Europa existieren bereits. Jedoch sind sie spärlich, und es fehlen Daten für alle EU- und EFTA-Staaten und das Vereinigte Königreich aufgeschlüsselt nach einzelnen Geburtsländern. In verschiedenen Ländern gibt es immer mehr Strategien, Pläne und Leitlinien, die das Bewusstsein für Demenz schärfen und die Verbesserung der Behandlung und Versorgung von Menschen mit Demenz und ihren Familien diskutieren. Soweit den Autorinnen und Autoren des Atlas bekannt, wurden noch keine Publikationen erstellt, die einen europäischen Überblick über die Prävalenz von Demenz und nationale Dokumente zur Demenzversorgung mit einem Schwerpunkt auf MmM liefern.
Der EU-Atlas Demenz und Migration schließt diese Forschungslücke, in dem er folgendes bietet:
- Prävalenzdaten und grafische Darstellung für die 27 EU- und 4 EFTA-Mitgliedsstaaten sowie das Vereinigte Königreich;
- Analysen von nationalen Demenzplänen und Leitlinien zu Diagnose, Behandlung und Versorgung; und
- Analysen von Gesundheitssystemen im Hinblick auf die Versorgungsleistungen und Unterstützung, die sie für die betroffenen Menschen bereitstellen. Dieser Atlas konzentriert sich auf Demenz bei MmM. Er ist eine Ergänzung zu der umfangreichen Literatur über Demenz und eine Ressource aufgrund seines scharfen Fokus auf die Versorgungssituation von MmM mit Demenz.
Kontakt
Quellen
- International Organization for Migration: Total number of international migrants at mid-year 2020: Europe; 2021.
- Adelman S, Blanchard M, Rait G, Leavey G, Livingston G: Prevalence of dementia in African-Caribbean compared with UK-born White older people: two-stage cross-sectional study. Br J Psychiatry 2011, 199(2):119-125.
- Parlevliet JL, Uysal-Bozkir Ö, Goudsmit M, van Campen JP, Kok RM, Ter Riet G, Schmand B, de Rooij SE: Prevalence of mild cognitive impairment and dementia in older non-western immigrants in the Netherlands: a cross-sectional study. Int J Geriatr Psychiatry 2016, 31(9):1040-1049.
- Canevelli M, Lacorte E, Cova I, Zaccaria V, Valletta M, Raganato R, Bruno G, Bargagli AM, Pomati S, Pantoni L et al: Estimating dementia cases amongst migrants living in Europe. European Journal of Neurology 2019, 26(9):1191-1199.
- Alzheimer Europe: the development of intercultural care and support for people with dementia from minority ethnic groups. In. Luxemburg: Alzheimer Europe; 2018.