Europäische Arzneimittel-Agentur befürwortet Zulassung von neuartigem Alzheimer-Medikament
Kausal wirksame Therapie soll in der EU erstmals verfügbar werden
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat sich für eine Zulassung des neuartigen Alzheimer-Medikamentes „Lecanemab“ (Markenname: Leqembi) ausgesprochen. Die endgültige Entscheidung über eine Markteinführung liegt nun bei der EU-Kommission. In den USA, Japan, China, Südkorea, Großbritannien und einigen weiteren Ländern wurde das Medikament bereits zugelassen.
Das Medikament kann die Erkrankung zwar nicht heilen oder ihren Verlauf stoppen, deren Fortschreiten aber verzögern. Der Wirkstoff ist für Menschen mit leichten kognitiven Störungen oder im Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankungen vorgesehen. Mögliche Nebenwirkungen sind Mikroblutungen und Schwellungen im Gehirn. Um das Risiko dafür zu verringern, hat die EMA die Behandlung auf Patientinnen und Patienten eingeschränkt, die nur eine oder keine Kopie einer speziellen Genvariante (ApoE4) in ihrem Erbgut tragen.
Im Unterschied zu bisherigen Alzheimer-Medikamenten handelt es sich bei Lecanemab um eine kausal wirksame Therapie, die an den molekularen Mechanismen und Ursachen der Erkrankung ansetzt. Konkret geht es um einen technisch hergestellten Antikörper, der per Infusion verabreicht wird. Der Antikörper heftet sich an bestimmte Eiweißstoffe (sogenannte Beta-Amyloid-Proteine), die sich bei einer Alzheimer-Erkrankung im Gehirn ablagern, und trägt dazu bei, dass sie abgebaut werden.
Prof. Pierluigi Nicotera, wissenschaftlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender des DZNE zur aktuellen Entwicklung: „Das DZNE begrüßt die Entscheidung der EMA, Leqembi als krankheitsmodifizierende Behandlung für die frühe Alzheimer-Erkrankung zu empfehlen. Dies sind großartige Neuigkeiten für Patienten und ihre Familien. Dies könnte der Beginn einer wirksamen Verlangsamung von Demenz und möglicherweise sogar ihrer künftigen Verhinderung sein. Das DZNE leistet dazu einen aktiven Beitrag. Denn Wissenschaftler des DZNE waren nicht nur daran beteiligt, Amyloid als krankheitsauslösenden Faktor zu identifizieren, sie entwickeln auch neue Tests für die Frühdiagnose von Alzheimer.“
Alzheimer-Forscher Prof. Christian Haass, Sprecher des DZNE-Standorts München: „Das wurde auch Zeit! Endlich die richtige Entscheidung für die Patienten und ihre Angehörigen. Die sogenannte Amyloid-Hypothese, die immer wieder kritisch hinterfragt wurde, hat sich als korrekt erwiesen und die Grundlage für die Entwicklung von Lecanemab und anderer Antikörper-Medikamente geschaffen.“
Prof. Gabor Petzold, Direktor der Klinischen Forschung am DZNE: „Alzheimer ist eine globale Pandemie und Lecanemab stellt einen sehr wichtigen Schritt in eine neue Ära dar, um diese gravierende Erkrankung besser in den Griff zu bekommen. Das Medikament kann Alzheimer zwar nicht heilen, den Verlauf jedoch verzögern. Für die Betroffenen bedeutet dies einen Mehrwert an Lebensqualität. Jetzt geht es darum, das Medikament in die Regelversorgung zu bringen und das ist durchaus anspruchsvoll. Denn die Therapie erfordert einerseits Voruntersuchungen, um für die Behandlung geeignete Patienten zu identifizieren, und andererseits regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Gehirns mittels Magnetresonanztomografie. Spezialisierte Kliniken und medizinische Fachzentren sind hierfür prinzipiell gut aufgestellt und werden nun abgestimmte und verantwortungsbewusste Behandlungsstrukturen entwickeln.“
November 2024