Biomarker für ALS: DZNE an internationalem Projekt beteiligt
Forschende aus Ulm wollen die Diagnose der verheerenden Nervenerkrankung vereinfachen
Forschende des DZNE-Standorts Ulm beteiligen sich an einem internationalen Projekt über die Nervenerkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), die mit gravierenden Lähmungen der Muskulatur einhergeht und letztlich zum Tode führt. Die US-amerikanische Stiftung Target ALS fördert den Beitrag des DZNE mit rund 200.000 US-Dollar. Ziel ist es, die Diagnose von ALS durch die Analyse von Erbsubstanz (DNA) aus dem Blut zu erleichtern. Konkret geht es darum, bestimmte Merkmale – sogenannte epigenetische Signaturen – dieser DNA-Moleküle zu erfassen. Projektpartner sind das Universitätsklinikum Ulm, die University of California, Irvine sowie das US-Unternehmen „Twist Bioscience Corporation”.
„Wir benötigen Verfahren, um ALS zuverlässig und frühzeitig zu erkennen“, so Prof. Karin Danzer, Forschungsgruppenleiterin am DZNE-Standort Ulm. „Zum einen, um bei Verdacht auf ALS eine rasche Diagnose zu ermöglichen. Und andererseits, um Patientinnen und Patienten frühzeitig in klinische Studien einzuschließen zu können. ALS ist bislang nicht heilbar, deshalb sind klinische Studien der Schlüssel zu besseren Therapien. Ist die Erkrankung aufgrund später Diagnose jedoch schon zu weit fortgeschritten, ist die Teilnahme an klinischen Studien nicht mehr möglich. In einem solchen Fall sind die Schäden am Nervensystem zu gravierend, das therapeutische Fenster hat sich dann bereits geschlossen.“
Geschädigte Nerven
Die Diagnose von ALS kann unter Umständen ein langwieriges Verfahren sein. Das liegt mitunter daran, dass die Symptome von ALS, wie Muskelschwäche, Muskelzucken oder steife Muskeln, anfangs subtil sein können und auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Derzeit wird der Biomarker „Neurofilament Light Chain“ – kurz NfL – zur Diagnosesicherung bestimmt. NfL ist ein Protein, das bei Schädigung von Nervenzellen freigesetzt wird und im Blut oder Nervenwasser nachgewiesen werden kann. Bei Menschen mit ALS sind die NfL-Konzentrationen im Vergleich zu gesunden Personen und Patienten mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen signifikant höher. Im Rahmen des aktuellen Projekts soll nun ein weiterer Biomarker identifiziert werden, der idealerweise schon dann Alarm schlägt, bevor Nerven geschädigt werden.
Molekulare Signaturen
Dr. Sebastian Michels vom Uniklinikum Ulm und das Team um Karin Danzer nehmen dazu die Erbsubstanz in den Fokus. „Wir schauen uns DNA-Moleküle an, die im Blut herumtreiben. Konkret geht es um Methyl-Gruppen, die an die DNA angeheftet sind. Diese chemischen Anhängsel beeinflussen, welche Abschnitte des Erbguts aktiv sind. Man spricht hier von epigenetischen Signaturen, die einzelne Gene quasi an- oder abschalten. Bei Menschen mit ALS ist diese sogenannte Genexpression anders als bei gesunden Personen. Wir wollen herausfinden, ob diese Veränderungen so charakteristisch sind, quasi wie ein Fingerabdruck, dass man daran eine ALS eindeutig erkennen kann.“
Zu diesem Zweck sollen Blutproben von insgesamt 500 Menschen – mit ALS und (zum Vergleich) auch von gesunden Personen analysiert werden. Die Forschenden nutzen dafür „Machine Learning“, also künstliche Intelligenz. Das Projekt ist auf zwei Jahre ausgelegt. „Unser Ziel ist es, eine markante, epigenetische Signatur zu finden. Auf der Grundlage eines solchen Biomarkers könnte man dann spezifische Bluttests für ALS entwickeln“, so Danzer.
Januar 2025