DZNE-Stiftung zeichnet zwei junge Forschende mit Best Paper Award 2024 aus
Jeweils 500 Euro für herausragende Forschungsarbeiten am DZNE-Standort München über schädliche Immunzellen und einen Therapieansatz gegen Proteinmangel bei FTD.
Im vergangenen Jahr hat die DZNE-Stiftung zum dritten Mal einen Preis für die beste wissenschaftliche Veröffentlichung ausgeschrieben. Für diesen „Best Paper Award 2024“ konnten Publikationen von Erstautorinnen und -autoren unseres Münchner Standorts eingereicht werden. Die Paper sollten in den letzten zwölf Monaten vor der Ausschreibung in renommierten internationalen Fachzeitschriften erschienen sein und zur Erforschung der Krankheitsentwicklung, der Diagnose, von Therapien neurodegenerativer Erkrankungen oder der Versorgung von Betroffenen entscheidend beigetragen haben.
Forschung ist fast immer Teamleistung, weshalb wissenschaftliche Veröffentlichungen im Allgemeinen mehrere Autorinnen und Autoren aufweisen. Sogenannte Erstautorinnen und –autoren, denen der „Best Paper Award“ gewidmet ist, haben jedoch eine herausragende Stellung: Sie haben die meiste Arbeit geschultert.
Die Preisverleihung fand kürzlich im DZNE München statt: Ausgezeichnet wurden Shreeya Kedia (AG Prof. Mikael Simons) für den Fachartikel „T cell-mediated microglial activation triggers myelin pathology in a mouse model of amyloidosis”, erschienen in der Zeitschrift „Nature Neuroscience". Sowie Marvin Reich, Ph.D. (Stanford University, Wyss-Coray Lab, zuvor AG Prof. Christian Haass) für den Fachartikel „Peripheral expression of brain-penetrant progranulin rescues pathologies in mouse models of frontotemporal lobar degeneration“, der in „Science Translational Medicine“ erschienen ist.
Grundlage für neue Therapien bei Alzheimer: Schutzschicht der Nervenfasern erhalten
Altert ein Gehirn, kommt es zur Schädigung und Entzündung der Oligodendrozyten: Das sind Zellen, die eine schützende Hülle – die „Myelinscheide“ – um die Nervenfasern bilden und eine schnelle Signalübertragung im Gehirn ermöglichen. Bislang ist noch nicht ganz klar, wie diese Schäden zur Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer beitragen. Um dieser Frage nachzugehen, untersuchte die Zellbiologin Shreeya Kedia Mechanismen der Alzheimer-Krankheit am Beispiel von Mäusen: Sie stellte fest, dass die Schädigung der Nervenfasern-Schutzschicht durch Ablagerungen des Proteins Amyloid – einem typischen Merkmal der Alzheimer-Krankheit – ausgelöst wird. Kedia entdeckte außerdem eine Zunahme bestimmter Immunzellen, sogenannter zytotoxischer T-Zellen (CD8+ T-Zellen), die entzündliche Prozesse (Neuroinflammation) vorantreiben. Mittels Antikörpern entfernte sie diese Immunzellen, um ihre Wirkung besser zu verstehen: Dadurch ging die Neuroinflammation zurück und es verbesserte sich die Lern- und Gedächtnisleistung sowie der Zustand der Myelinschicht.
Fazit: Shreeya Kedias Forschung gibt Aufschluss darüber, wie diese Immunzellen zur Neuroinflammation beitragen. Wenn sich diese Erkenntnisse in weiteren Studien am Menschen bestätigen, könnten sie die Grundlage für neuartige Therapien bilden, um das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit zu verzögern: Behandlungen, die auf die Erhaltung der Myelinscheide abzielen, indem sie Entzündungen reduzieren. In Zukunft will Kedia die Rolle zytotoxischer T-Zellen bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen untersuchen.
Neue Option gegen Frontotemporale Demenz: Innovativer Behandlungsansatz
Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine bislang unheilbare Hirnerkrankung, bei der es neben Gedächtnisverlust auch zu Sprachstörungen und Veränderungen der Persönlichkeit kommt. Sie gehört zu den häufigsten Demenzerkrankungen, die früh im Leben auftreten, da die FTD oftmals vor dem 65. Lebensjahr ausbricht. Diese Krankheit wird häufig durch einen Mangel an einem bestimmten Eiweißstoff namens Progranulin ausgelöst, das bei vielen Betroffenen genetisch bedingt in zu geringen Mengen produziert wird. Der Mangel an Progranulin erhöht das Risiko, an FTD (insbesondere an der Unterart FTLD-GRN) zu erkranken. Eine große Herausforderung bei bisherigen Therapieansätzen ist, dass Progranulin nur schwer in ausreichender Menge im Gehirn ersetzt werden kann, da dies regelmäßige Injektionen in die Blutbahn oder direkte Injektionen ins Gehirn erfordert. Ziel des Biochemikers Marvin Reich war es, eine Möglichkeit zu finden, dieses Protein effektiver ins Gehirn zu bringen, um dessen Mangel auszugleichen.
In seiner Studie hat Marvin Reich in Kollaboration mit dem Biotech-Unternehmen Denali Therapeutics einen neuen Behandlungsansatz für FTD entwickelt: Die Gentherapie ermöglicht es dem Körper, modifiziertes Progranulin selbst zu produzieren, das leichter ins Gehirn transportiert wird, wodurch Entzündungen oder Schwierigkeiten bei der Verteilung des Proteins im Gehirn vermieden werden. Reichs Methode sorgt dafür, dass das Protein dauerhaft vom Körper selbst hergestellt wird und im Gehirn ankommt, ohne dass es regelmäßig oder direkt injiziert werden muss.
In sogenannten Mausmodellen der FTLD-GRN erwies sich diese Behandlung als erfolgreich und eine einmalige Injektion war ausreichend, um über einen langen Zeitraum die Menge an Progranulin im Gehirn stabil und gleichmäßig zu erhöhen. Zudem stellte Reich fest, dass mehrere Krankheitssymptome sich verbesserten: zum Beispiel Bewegungsstörungen, Probleme mit dem Fettstoffwechsel, Schwierigkeiten bei der Beseitigung schädlicher Eiweiße in Zellen sowie Nervenzellschäden.
Fazit: Die Ergebnisse zeigen, dass dieser Therapieansatz langanhaltende und vielversprechende Auswirkungen auf das Gehirn haben kann, ohne dass das Progranulin immer wieder oder direkt ins Gehirn gespritzt werden muss. Reichs Forschung bildet somit die Grundlage für klinische Studien, um die Therapie auch am Menschen zu testen und ihre langfristige Sicherheit und Wirksamkeit zu prüfen.
Über die Preisvergabe entschied eine Jury aus internationalen Fachleuten. Die Fördermittel wurden der DZNE-Stiftung von einer Spenderin zur Verfügung gestellt, um gezielt die Forschung am Standort München zu unterstützen. In den nächsten zwei Jahren wird der Best Paper Award der DZNE-Stiftung daher weiterhin einmal jährlich am Standort München vergeben werden.
Die nächste Ausschreibung für den Best Paper Award des Standorts München erfolgt im Herbst 2025.
Januar 2025