Forschungsschwerpunkte
In unserer Arbeitsgruppe wollen wir die molekularen Grundlagen des normalen und pathologischen kognitiven Alterns im menschlichen Gehirn mit Hilfe von multimodaler Bildgebung besser verstehen. Dazu setzen wir verschiedene bildgebende Verfahren ein, wie funktionelle und strukturelle MRT (Magnetresonanztomographie) bei Feldstärken von 3 und 7 Tesla und PET (Positronen-Emissions-Tomographie).
Allgemeiner Hintergrund
Altern ist oft mit der Anhäufung von Tau-Neurofibrillen (Tangles) und Amyloid-beta (Aβ-Plaques), den pathologischen Markern der Alzheimer Krankheit (AD), aber auch mit vaskulärer Pathologie verbunden. Diese Pathologien betreffen vor allem bestimmte Regionen, wobei sich Tau-Proteine im anterioren Schläfenlappen und Aβ in den posterior-medialen Hirnregionen ansammelt (z. B. Maass, et al., 2017, NeuroImage). Beim Übergang vom normalen Altern zur Alzheimer-Krankheit breiten sich diese Proteine über verschiedene Netzwerke im Gehirn aus (z. B. Adams, et al., 2019, eLife). Diese Anhäufung von Proteinen ist mit frühen regionalen und Netzwerk-spezifischen funktionellen Veränderungen verbunden, bevor Neurodegeneration und kognitive Beeinträchtigung sichtbar werden. Interessanterweise ist diese frühe Anhäufung von Alzheimer Proteinen auch mit Gedächtnisdefiziten verbunden, selbst bei Personen, die noch nicht kognitiv nicht beeinträchtigt sind (z. B. Maass, Berron et al., 2019, Brain), und kennzeichnet möglicherweise den Übergang von normalem Altern zu Alzheimer. Durch die Kombination von PET und MRT-Bildgebung des Gehirns können wir untersuchen, wie altersbedingte Pathologien entstehen und wie sich dies auf die Gehirnfunktion auswirkt. Mit PET lassen sich insbesondere regionale Muster der Tau- (Schöll*, Maass* et al., 2019, Mol. Cell. Neurosci.) und Aβ-Akkumulation sowie des Glukosestoffwechsels messen, was mit Liquor-basierten Biomarkern nicht möglich ist. Mit (f)MRT Bildgebung können wir regionale Dysfunktion messen, bevor kognitive Beeinträchtigungen und tiefgreifende Neurodegeneration auftreten (Billette*, Ziegler* et al., 2022, Neurology). Mithilfe dieses multimodalen Bildgebungs-Ansatzes will unsere Gruppe verstehen, warum manche Menschen altersbedingte Pathologien entwickeln, während andere erfolgreich altern (resistent sind) und welche positiven oder negativen Faktoren dieser Anfälligkeit zugrunde liegen. Darüber hinaus wollen wir verstehen, warum manche Menschen, die eine Pathologie entwickeln, kognitiv gesund bleiben (d. h. widerstandsfähig oder “resilient” sind). Das kann uns dabei helfen, neue Interventionen zu entwickeln, die ein gesundes Altern fördern und einen kognitiven Abbau verhindern (z. B. Maass et al., 2015, Mol Psychiatry). In diesem Zusammenhang wollen wir besser verstehen, welche Faktoren der Plastizität des Gehirns zugrunde liegen oder sie beeinflussen. An der Schnittstelle zwischen kognitiver und molekularer Neurowissenschaft, moderner multimodaler Neurobildgebung und klinischer Anwendung integriert unsere Forschung Wissen aus verschiedenen Disziplinen, um die molekularen Grundlagen des gesunden und pathologischen Alterns zu verstehen.
Änderung der Hirnaktivität beim gesunden Altern und bei der Alzheimer-Krankheit
In mehreren fMRT-Studien am Menschen wurde eine erhöhte Hirnaktivität im Hippocampus und in posterior-medialen Regionen (z.B. Precuneus) im Zusammenhang mit frühen Aβ- (z. B. Mormino et al., 2011; Sperling et al., 2009) und Tau- (z. B. Maass, Berron et al., 2019, Brain; Adams, et al., 2020, JNeurosci). Ablagerungen festgestellt. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit Tiermodellen, in denen Aβ- oder Tau-Pathologie mit einer höheren neuronalen Erregbarkeit in Verbindung gebracht wurde. Es ist jedoch noch unklar, ob die erhöhte fMRT-Aktivität beim Menschen kompensatorisch ist, durch die Pathologie angetrieben wird oder sogar die Anhäufung von Aβ oder Tau selbst verursacht. Darüber hinaus ist der Beitrag anderer Faktoren wie Neuroinflammation oder vaskulären Veränderungen zu fMRI-BOLD-Veränderungen noch unklar.
Kürzlich untersuchte unsere Gruppe anhand der DELCODE-Studie (Jessen et al., 2018), wie sich die fMRT-Aktivierung während der Verarbeitung von neuen Stimuli über das AD-Risikospektrum hinweg unterscheidet. Wir fanden ein nicht lineares Aktivierungsmuster (“inverted U”) (Billette*, Ziegler* et al., 2022), wobei Patienten mit subjektiver Gedächtnisstörung (SCD) oder leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) eine erhöhte Aktivität zeigten, die bei AD-Demenz im Vergleich zu MCI reduziert war. Die Aktivität des Precuneus stand jedoch nicht im Zusammenhang mit AD-Biomarkern, dem APOE4-Genotyp oder dem Gehirnvolumen. Dies deutet zwar darauf hin, dass eine erhöhte Precuneus-Aktivität ein frühes Anzeichen für Gedächtnisstörungen sein könnte, der zugrunde liegende Mechanismus bleibt jedoch unklar. In künftigen Studien werden wir untersuchen, was der erhöhten fMRT-Aktivität, die wir bei SCD und MCI beobachtet haben, zugrunde liegt und sie verursacht. In dieser Hinsicht arbeiten wir mit der Gruppe von Prof. Boecker am DZNE Bonn und der Gruppe von Prof. Schott am DZNE Göttingen zusammen.
Um festzustellen, ob diese erhöhte fMRT-Aktivierung durch die Akkumulation von Alzheimer Proteinen verursacht wird,diese direkt vorantreibt oder ob sie kompensatorische Prozesse für die Alzheimer-Pathologie beim Menschen widerspiegelt, sind Längsschnittdaten und translationale Forschung erforderlich. In einer gemeinsamen Studie mit Prof. Sylvia Villeneuve in Montreal im Rahmen der “Prevent-AD” Kohorte untersuchen wir derzeit, wie sich die Gehirnaktivität beim Lernen und Erinnern bei kognitiv normalen älteren Erwachsenen mit erhöhtem Alzheimer-Risiko im Laufe der Zeit verändert. Außerdem untersuchen wir, wie diese Aktivitätsveränderungen mit Veränderungen der Alzheimer-Pathologie zusammenhängen, die mittels Liquor und/oder PET gemessen werden (Fischer, Molloy et al., 2024).
Die Rolle von Entzündungen bei der Gehirnalterung und der Alzheimer-Krankheit
Die Neuroinflammation spielt eine wichtige Rolle bei der Alzheimer-Krankheit und bei anderen neurodegenerativer Erkrankungen und wird wahrscheinlich in verschiedenen Stadien der Krankheit ausgelöst. Dies kann beispielsweise durch pathogene Proteinaggregate oder als Reaktion auf das Absterben von Nervenzellen geschehen. In dieser Hinsicht könnte die Aktivierung der Mikroglia zunächst vorteilhaft sein und die phagozytische Beseitigung von Aβ fördern, während eine chronische Neuroinflammation die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine auslösen und zum Fortschreiten der Erkrankung beitragen könnte. Der genaue zeitliche Verlauf dieser Reaktion und die Auswirkungen auf die lokale und globale Hirnstruktur und Hirnfunktion im Verlauf der Alzheimer-Krankheit müssen jedoch noch erforscht werden, insbesondere in den frühen Krankheitsstadien.
In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Michael Heneka und dem DZNE Bonn konnten wir zeigen, dass bestimmte Entzündungsmarker im Liquor positiv mit Hirnstruktur und kognitiven Funktionen in der DZNE DELCODE-Kohorte verbunden sind (Brosseron*, Maass*, Kleineidam* et al., 2022, Neuron). Wir konnten zeigen, dass die Liquorwerte mehrerer Entzündungsmarker bei kognitiv gesunden Probanden mit pathologischen Werten von Tau oder anderen Neurodegenerationsmarkern erhöht waren. Interessanterweise waren höhere Liquorwerte der löslichen TAM-Rezeptoren sTyro und sAXL mit einem größeren Hirnvolumen, einer besseren Kognition und einer geringeren kognitiven Verschlechterung bei der Nachuntersuchung verbunden. Unsere Ergebnisse deuten auf einen protektiven Mechanismus der TAM-Rezeptor-Signalgebung (Tyro3, AXL, Mertk) hin, der mit ihrer Rolle bei der Regulierung der mikroglialen Aktivierung, der Phagozytose und der Beseitigung pathologischer Proteinaggregate in Einklang steht (z. B. Tondo et al., 2019, Dis Markers; Huang et al., 2021, Nature Immunology).
Im Anschluss an diese Ergebnisse untersuchte unsere Gruppe, ob es vorteilhafte oder nachteilige "Entzündungssignaturen" (oder Gruppen von Entzündungsmarkern) in Bezug auf ihre Beziehung zur Gehirnintegrität und kognitiven Funktion in der DELCODE-Kohorte gibt (Hayek et al., MOL PSYCHIATR, 2024). Unsere Daten deuten darauf hin, dass es verschiedene Entzündungssignaturen gibt (die unterschiedliche Prozesse widerspiegeln), wobei einige Marker wie TAM-Rezeptoren oder sTREM2 eine Schadensreaktion auf Alterung und Alzheimer widerspiegeln könnten, die jedoch vorteilhaft oder schützend ist. Im Gegensatz dazu könnte eine Entzündungssignatur mit erhöhten proinflammatorischen Zytokinen oder C-reaktivem Protein proinflammatorische Prozesse widerspiegeln, die sich nachteilig auf die Gesundheit des Gehirns und die Kognition auswirken.
Multimodale Bildgebung von neuronalen Ressourcen im Zusammenhang mit erfolgreichem Altern und SuperAging
Während ein gewisser Gedächtnisverlust im Alter "normal" ist, gibt es auch ältere Menschen im Alter von 80 Jahren, deren Leistung derjenigen von 20 bis 25 Jahre jüngeren Menschen entspricht. Diese werden gemeinhin als "SuperAgers" bezeichnet (z. B. Harrison, et al, 2018, Neurobiol Aging). Wie unterscheiden sich die Gehirne dieser älteren Erwachsenen, deren kognitive Leistungen weit über den Erwartungen für ihr Alter liegen, in Bezug auf Pathologie (z. B. Tau- oder vaskuläre Pathologie) und neuronale Ressourcen (z. B. Gehirnvolumen, neuronale Aktivität, Konnektivität, Blutfluss)? Welche umweltbedingten oder genetischen Faktoren stehen im Zusammenhang mit einer besseren Kognition? Dies sind zentrale Fragen, die wir im Rahmen des von der DFG geförderten Sonderforschungsbereichs SFB1436 "Neuronale Ressourcen der Kognition" (erste Förderperiode 2021-2024; https://sfb1436.de/) untersuchen. Das übergeordnete Ziel des SFB ist es, die Leistungsgrenzen des menschlichen Gehirns aufzudecken und methodische Ansätze zu erforschen, um diese Leistung zu verbessern. Derzeit arbeiten in diesem SFB mehr als 40 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in 22 Einzelprojekten.
Innerhalb des SFB1436 bauen wir im Rahmen des zentralen Projekts Z03, das wir zusammen mit Prof. Emrah Düzel und Prof. Michael Kreissl leiten, eine molekular charakterisierte Alterungskohorte auf: https://sfb1436.de/projects/human-molecular-imaging-ageing-and-superageing-cohort/. Wir rekrutieren derzeit kognitiv gesunde ältere Erwachsene (≥ 60 Jahre), einschließlich SuperAgers, um die molekularen, funktionellen und strukturellen Merkmale des erfolgreichen kognitiven Alterns zu untersuchen. Die Teilnehmer werden als SuperAgers bezeichnet, wenn sie 80 Jahre oder älter sind und ihre Gedächtnisleistung auf oder über den durchschnittlichen normativen Werten für gesunde Personen in den 50er bis 60er Jahren liegt. Alle Teilnehmer werden einem 3T MRT-Scan unterzogen, um die Gehirnstruktur, die Gehirnfunktion und den Blutfluss zu beurteilen. Bei einer Teilgruppe der Probanden werden MR-PET Scans durchgeführt, um die regionale Tau-Akkumulation mit dem neuartigen Tracer der zweiten Generation PI-2620 von Life Molecular Imaging zu messen. Die Tau-PET Untersuchung wird in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Nuklearmedizin in Leipzig unter der Leitung von Prof. Osama Sabri durchgeführt, während Blutplasma zum Nachweis von AD-Biomarkern in Zusammenarbeit mit dem DZNE Göttingen (Prof. Jens Wiltfang) analysiert wird. Interessierte sind jederzeit willkommen und können sich hier registrieren, um kontaktiert zu werden:
https://www.dzne.de/ueber-uns/standorte/magdeburg/kopfmachen/
Vaskularisierung des Hippocampus - eine mögliche neuronale Reserve?
In Zusammenarbeit mit mehreren anderen Gruppen in Magdeburg (Prof. Schreiber, Prof. Düzel, Prof. Speck) deuten unsere jüngsten Forschungsergebnisse darauf hin, dass das Vaskularisierungsmuster des Hippocampus ein wichtiger Faktor sein könnte, der mit neuronalen Reserven im Altern in Zusammenhang steht. Bis vor kurzem konnte die Vaskularisierung des Hippocampus nur post-mortem untersucht werden. Diese Ex-vivo-Studien zeigten, dass alle Hippocampus-Arterien von zwei Hauptarterien ausgehen: der Arteria cerebri posterior (PCA) und der Arteria choroidea anterior (AChA). Wichtig ist, dass das Muster der vaskulären Versorgung zwischen Individuen (und Hemisphären) variiert. Während die Blutversorgung des Hippocampus in der Regel von der PCA abhängt, trägt die AChA in ca. 45 % der Hemisphären zusätzlich dazu bei ("augmented supply") und versorgt vor allem den anterioren Hippocampus. Mittels hochauflösender 7T-ToF-Angiographie (ToF MRT) konnten Spallazzi et al. (2018) die kleinen Hirnarterien im medialen Temporallappen in vivo sichtbar machen. Perosa et al. (2020, Brain) nutzten diese MRT-Sequenz bei älteren Erwachsenen mit und ohne Erkrankung der kleinen zerebralen Gefäße (CSVD) und entdeckten, dass eine Gefäßversorgung des Hippocampus durch die PCA und AChA in mindestens einer Hemisphäre mit einem besseren verbalen Gedächtnis und einer besseren globalen Kognition verbunden war.
In einer Folgestudie wies unsere Gruppe nach, dass größere Volumina der grauen Substanz bei Personen mit einer verstärkten Gefäßversorgung des Hippocampus speziell im anterioren MTL, einschließlich des anterioren Hippocampus und des entorhinalen Kortex, zu beobachten waren(Vockert et al., 2021, Brain Comm). Unsere Daten ergaben jedoch keine Hinweise darauf, dass eine verstärkte Vaskularisierung eine Resistenz oder Widerstandsfähigkeit gegen vaskuläre Pathologie selbst vermittelt. Insgesamt deutet dies darauf hin, dass eine verstärkte Vaskularisierung des Hippocampus zur Aufrechterhaltung oder Reserve des Gehirns (höheres oder erhaltenes Hirnvolumen) beiträgt und Personen mit vaskulären Erkrankungen helfen könnte, besser mit der vaskulären Pathologie umzugehen. Künftige Studien sind erforderlich, um diese Hypothese zu untermauern.
In unserer früheren Arbeit basierten die Gefäßklassifizierungen auf der qualitativen Beobachtung (visuelle Bewertung) bestimmter Arterien, die den Hippocampus versorgen, was gewisse Einschränkungen mit sich bringt. In Zusammenarbeit mit Dr. Hendrik Mattern, Prof. Oliver Speck und Prof. Stefanie Schreiber in Magdeburg haben wir kürzlich eine neuartige quantitative Methode zur Bewertung der Gefäßversorgung im Hippocampus angewendet. Vessel Distance Mapping (VDM) ist ein neuer Ansatz zur Bewertung der Vaskularisierung als kontinuierliche Metrik jenseits der binären Klassifizierung, indem datengesteuerte Analysen von Gefäßmustern und Gefäßdichte durchgeführt werden (z.B. Mattern et al., ESMRMB 2020, 2021). Auf der Grundlage einer Gefäßsegmentierung berechnet VDM für jedes Voxel den Abstand zum nächstgelegenen Gefäß und liefert so für jedes Voxel eine Schätzung, wie nahe die umgebende Vaskulatur ist. In einer kürzlich durchgeführten Studie, in der wir VDM auf den Hippocampus anwandten (Garcia-Garcia*, Mattern* et al, NeuroImage, 2023) fanden wir heraus, dass niedrigere Werte der VDM-Metrik, die geringere Abstände zu Gefäßen im Hippocampus widerspiegeln, mit einer besseren kognitiven Leistung speziell bei Probanden mit CSVD verbunden waren. Diese Daten deuten darauf hin, dass die kognitive Widerstandsfähigkeit angesichts einer Gefäßerkrankung durch das Gefäßmuster und die Gefäßdichte in der Nähe des Hippocampus vermittelt werden könnte. In zukünftigen Studien werden wir VDM nutzen, um diese Ergebnisse im Hinblick auf die Resilienz gegenüber der AD-Pathologie zu bestätigen und zu erweitern.
In unserem vom SFB1436 geförderten Verbundprojekt "B04" (2021-2024), das von Prof. Stefanie Schreiber und Prof. Esther Kühn gemeinsam geleitet wird, untersuchen wir nun, ob die Vaskularisierungsmuster im Hippocampus einen Faktor für Resistenz oder Resilienz in Bezug auf vaskuläre und frühe Tau-Pathologie darstellen, und zwar mit Hilfe multimodaler Bildgebung, einschließlich 3T- und 7T-MRT: https://sfb1436.de/projects/effects-of-hippocampal-vascularization-patterns-on-the-neural-resources-of-mtl-neurocognitive-circuits/. Insbesondere untersuchen wir, wie die Vaskularisierung des Hippocampus mit dem regionalen Blutfluss, dem Volumen der MTL-Subregionen, dem Myelin und den Funktionskreisen bei jungen Erwachsenen und bei kognitiv nicht beeinträchtigten älteren Erwachsenen zusammenhängt.
Darüber hinaus werden wir untersuchen, wie sich die Vaskularisierungsmuster im Hippocampus auf das individuelle Lernverhalten, die lernbezogene Aktivität und den Nutzen eines Navigationstrainings in der natürlichen Umgebung auswirken (gemeinsam mit Dr. Nadine Diersch). Dazu werden wir die von Dr. Nadine Diersch entwickelte "Explore"-App verwenden, um das Navigationsverhalten in der realen Welt zu verfolgen (Marquardt et al., 2024; PLOS digit. health). Wir werden untersuchen, wie sich die Vaskularisierung des Hippocampus auf die Aktivität des Hippocampus beim Erlernen einer räumlichen Umgebung auswirkt und wie sich die Aktivität nach einer dreiwöchigen Intervention mit der "Explore"-App verändert. Die Intervention zielt darauf ab die räumlichen Navigationsfähigkeiten älterer Erwachsener in mehreren Sitzungen auf dem Campus der Universitätsmedizin Magdeburg zu trainieren.
Ein funktionelles "Reserve"-Netzwerk mithilfe von funktioneller Bildgebung
Mehrere Konzepte wurden verwendet, um die "Widerstandsfähigkeit" gegenüber alters- und krankheitsbedingten Veränderungen zu beschreiben, darunter neuronale Reserve, kognitive Reserve und Erhaltung des Gehirns. Kognitive Reserve (CR) bezeichnet eine kognitive Leistung, die angesichts des Ausmaßes altersbedingter Hirnveränderungen oder Krankheiten besser ist als erwartet (Stern et al., 2018). Es gibt viele potenzielle Mechanismen, die in das komplexe Konstrukt der kognitiven Reserve involviert sind und die wahrscheinlich sowohl auf strukturellen als auch auf funktionellen Hirnmechanismen beruhen. Bildgebung mithilfe von fMRT ermöglicht die Charakterisierung und Messung von Gehirnaktivität und bietet damit die einzigartige Möglichkeit, die neuronale Umsetzung der kognitiven Reserve zu erfassen. Insbesondere könnten individuelle Unterschiede in der Hirnfunktion oder in den Mustern der Hirnaktivität während Aufgaben im MRT die unterschiedliche Anfälligkeit für pathologische Belastungen erklären.
Eine aktuelle Konsensdefinition (https://reserveandresilience.com/framework/) bietet einen operativen Rahmen für die Untersuchung der kognitiven Reserve. In Zusammenarbeit mit Gabriel Ziegler unter Nutzung von Techniken zur Dimensionalitätsreduktion und eines multivariates Moderationsmodells versuchen wir fMRI-basierte Aktivierungsmuster zu identifizieren, deren Ausprägung mit der kognitiven Reserve bei Alzheimer zusammenhängen (Vockert et al; 2024; Nat. Commun). Der Ansatz ermöglicht darüber hinaus die Berechnung eines kognitiven Reserve- Scores, der beispielsweise zur Charakterisierung von Personen mit hoher kognitiver Reserve dienen könnte. Das ultimative Ziel wäre es, Längsschnittstudien zu nutzen, um den Nutzen von CR-Scores bei der Vorhersage des kognitiven Abbaus zu bewerten, d. h. den Nutzen von CR-Netzwerken im Hinblick auf ihre Fähigkeit, den Verlauf des kognitiven Abbaus zu beeinflussen. Längsschnittliche Ansätze könnten es uns darüber hinaus ermöglichen, zu klären, inwieweit die kognitive Reserve im Laufe der Zeit dynamisch ist und auf Interventionen anspricht.