Tierversuche am DZNE

 

Die Mechanismen von Neurodegeneration sind in vielerlei Hinsicht noch rätselhaft – eine Heilung ist bislang nicht möglich. Angesichts dessen wollen wir durch Entschlüsselung der molekularen und zellulären Prozesse, die Nervenschäden auslösen und begleiten, Grundlagen für bessere Behandlungsmaßnahmen und Medikamente für den Menschen schaffen. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten dafür mit Zellen, Geweben, Fruchtfliegen, Fadenwürmern (C. elegans) und auch mit Zebrafischen, Mäusen und Ratten. Man spricht von „Tiermodellen“, denn im Rahmen der Tierversuche können Krankheitsmerkmale oder auch Merkmale des gesunden menschlichen Organismus für wissenschaftliche Studien nachgeahmt oder „modelliert“ werden. Daher der Name „Tiermodell“.



Warum wir an Tieren forschen

Trotz der Unterschiede zwischen Tier und Mensch gibt es Ähnlichkeiten auf der Ebene der Moleküle, Zellen und Organe, weshalb Studien an Tieren Rückschlüsse auf Geschehnisse im menschlichen Organismus ermöglichen – auch wenn diese Extrapolation immer sorgfältig abzuwägen ist. Trotzdem sind Tierversuche für manche Forschungsfragen bislang alternativlos: So kann menschliches Hirngewebe meist nur von Verstorbenen untersucht werden, denn der Eingriff in das Gehirn eines lebenden Menschen ist mit Risiken verbunden, die zu Forschungszwecken in der Regel ethisch nicht vertretbar sind. Andererseits bilden künstlich hergestellte Zellkulturen – jedenfalls nach aktuellem Stand der Technik – die Komplexität von Gehirngewebe im lebenden Organismus nur unvollständig ab: Eine Zellkultur oder Organoid, dass das komplexe Verhalten eines Wirbeltiers abbildet, gibt es bis jetzt nicht. Für sogenannte Wirkstoffscreenings sind Zellkulturen zwar sehr gut geeignet, jedoch erfassen sie im Wesentlichen nur, inwiefern ein potentieller Arzneistoff an krankheitsrelevante Proteine bindet. Damit stehen sie ganz am Anfang der Medikamenten-Entwicklung. Das bedeutet: Zur Untersuchung, wie ein komplexer Organismus und dessen Gehirn auf Wirkstoffe reagiert, sind Zellkulturen nicht geeignet.

Vor diesem Hintergrund: Ohne Tierversuche wären die Forschung und die Entwicklung von Therapien erheblich eingeschränkt, zumal aussichtsreiche Befunde aus Tierversuchen in aller Regel die Voraussetzung dafür sind, dass neue medizinische Verfahren am Menschen erprobt werden können. Weniger oder keine Tierversuche bedeuten – nach heutigem Stand der Technik – risikoreichere Studien am Menschen.

Tatsache ist, dass Tierversuche zu Therapien bereits maßgeblich beigetragen haben. Studien an Tieren waren zum Beispiel Wegbereiter für sogenannte Acetylcholinesterase-Hemmer: Diese Medikamente werden seit Jahren in der Therapie der Alzheimer-Erkrankung eingesetzt. Auch neueste Alzheimer-Wirkstoffe aus der Gruppe der „Amyloid-Antikörper“ beruhen unter anderem auf Befunden aus Tierversuchen. Und im Fall der Parkinson-Erkrankung gingen der heute etablierten Therapie mit dem Wirkstoff L-Dopa (verabreicht zum Ausgleich des Mangels des Botenstoffes Dopamin) ebenfalls Untersuchungen an Tieren voraus.

 



Unsere Versuchstiere

Tierversuche an Mäusen sind Bestandteil unserer Forschung beispielsweise über Alzheimer, denn spezielle Züchtungen mit gentechnisch verändertem Erbgut entwickeln Krankheitsmerkmale, die denen einer Alzheimer-Erkrankung beim Menschen sehr ähnlich sind.

Ratten untersuchen wir insbesondere im Rahmen unserer Forschung über Rückenmarksverletzungen.

An Zebrafischen untersuchen wir beispielsweise,wie ein Nervensystem nach Schäden regeneriert und inwiefern Genmutationen zu Nervenerkrankungen führen können.

An Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) erforschen wir grundlegende Vorgänge der Hirnentwicklung und Neurodegeneration.

Studien an Fadenwürmern (Caenorhabditis elegans - kurz C. elegans) – sie werden etwa 1 Millimeter lang – ermöglichen uns Einblicke zum Beispiel in die mikroskopischen Abläufe von Alterungsprozessen, die auch beim Menschen auftreten: Das ist relevant, weil viele neurodegenerative Erkrankungen altersbedingt sind.

 



Unsere Grundsätze für Tierversuche

Am DZNE haben wir uns dem „3R-Prinzip“ verpflichtet. Das Kürzel steht für „Replace, Reduce, Refine“ (Ersetzen, Verringern, Verfeinern) und umschreibt eine Reihe ethischer Leitlinien: Demnach sind Tierversuche zu vermeiden und nur dann zulässig, wenn es keine alternative Studienverfahren gibt, die Tierversuche ersetzen können (Replace). Des Weiteren ist die Zahl der Versuchstiere so gering wie möglich zu halten (Reduce). Außerdem sollen die Tiere durch schonende Versuchsverfahren möglichst wenig belastet werden – Tierleid ist demnach zu minimieren (Refine). Das 3R-Prinzip spiegelt sich auch in den gesetzlichen Regelungen und dem Genehmigungsverfahren für Tierversuche wider.

Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind in diesen Grundsätzen geschult. Bei der Planung und Durchführung von Tierversuchen werden sie von Tierärztinnen und -ärzten sowie professionellen Tierpflegerinnen und -pflegern unterstützt, die sie beraten und auch die Einhaltung des 3R-Prinzips sicherstellen.

Die Versuchstiere werden in speziellen, hochmodernen Räumlichkeiten gehalten, die Haltungsbedingen sind gesetzlich vorgeschrieben und werden behördlich regelmäßig kontrolliert.



Genehmigung und Kontrolle von Tierversuchen

In Deutschland muss jede wissenschaftliche Studie, die an Tieren durchgeführt wird, bei der zuständigen Landesbehörde beantragt und von dieser genehmigt werden. Die Tierhaltung wird von der regionalen Kreisordnungsbehörde (lokale Veterinärämter) genehmigt und regelmäßig kontrolliert. Die Genehmigung eines Tierversuchsantrags kann mehrere Monate dauern und es kommt vor, dass Anträge von den Behörden abgelehnt oder nur angepasst genehmigt werden.

Studien mit Mäusen, Ratten und Zebrafischen bedürfen einer behördlichen Zustimmung. Studien an Fliegen und Fadenwürmern sind nicht genehmigungspflichtig.

Video zum Genehmigungsverfahren: https://youtu.be/acHPPdZToPo 

Wenn eine Studie genehmigt wurde, überwachen die Tierschutzbeauftragten des DZNE (Fachleute mit versuchstierärztlicher Expertise), dass die gesetzlichen Vorgaben befolgt werden. Außerdem führen die zuständigen Behörden unangemeldete Kontrollen durch, um Tierhaltung und Versuchsverfahren am DZNE grundsätzlich zu überprüfen.



Stimmen unserer Forschenden zu Tierversuchen


 


 

Weiterführende Informationen

 

Willkommen auf unserer Webseite, informieren Sie sich hier grundsätzlich cookie-frei.

Wir würden uns freuen, wenn Sie für die Optimierung unseres Informationsangebots ein Cookie zu Analysezwecken zulassen. Alle Daten sind pseudonym und werden nur durch das DZNE verwendet. Wir verzichten bewusst auf Drittanbieter-Cookies. Diese Einstellung können Sie jederzeit hier ändern.

Ihr Browser erlaubt das Setzen von Cookies: